Taufengel werden restauriert MAZ 19.7.2011

19.07.2011

DENKMALPFLEGE: Brandenburger Barock

Taufengel werden restauriert

POTSDAM – Der Engel sieht erbärmlich aus. Die Flügel fehlen, die Arme auch, die Zehen sind verschwunden, der Blick ist trüb. Zwischen Müll und Bauschutt wurde die Skulptur 1950 gefunden, dann verschwand sie in der DDR in einem Museumsdepot. Nun wird der einst farbenfrohe hölzerne Taufengel aus der evangelischen Dorfkirche von Ringenwalde in der Uckermark restauriert. Und soll noch in diesem Jahr im Nachbarort eine neue Heimat bekommen.

Rund 150 solcher Engel gibt es in Brandenburg, etwa ebenso viele in Sachsen-Anhalt und auch einige in Mecklenburg-Vorpommern. Erst seit wenigen Jahren entdecken Kirchen und Denkmalpfleger die Kunstwerke wieder. Bunt bemalte Taufengel aus Holz waren im Barock modern: Sie schwebten in den Kirchen an Seilen unter der Decke und wurden zur Taufe heruntergelassen. Mit den Händen hielten die kindergroßen Skulpturen das Taufbecken.

„Das war ein rein protestantisches Phänomen“, sagt Bernd Janowski vom Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg. Im Norden und Osten Deutschlands waren sie im 18. Jahrhundert besonders verbreitet, bis weit hinein ins heutige Polen. Schöpfer waren einfache Dorftischler, aber auch seinerzeit bekannte Künstler wie Bernhard Heinrich Hattenkerell. Die Theatralik des Barock habe so Eingang in die evangelischen Kirchen gefunden, sagt Janowski.

Doch im 19. Jahrhundert wandelte sich der Kunstgeschmack, auf Barock folgte Klassizismus. Die Engel gerieten unter Kitschverdacht und wurden wieder aus den Kirchen entfernt. Dachböden und Schuppen waren fortan ihr neues Zuhause, die meisten vergaß man einfach.

„Es werden noch heute immer wieder welche gefunden“, erzählt Janowski. So wie vor ein paar Jahren im Pfarrhaus von Buckau in Brandenburg, wo ein Engel hinter einem Brennholzstapel lag. Oder in Groß Fredenwalde bei Templin. Auf dem Dorffriedhof wurde der Taufengel unter einem Holunderbusch entdeckt – mit blauen Flecken von den Beeren.

Vor fünf Jahren hat das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege ein Inventar der märkischen Tauf- engel vorgelegt. Viele der märkischen Barockskulpturen sind in schlechtem Zustand, heißt es darin. „Es gibt noch genügend Kandidaten“, erzählt Janowski, „ungefähr die Hälfte harrt noch der Restaurierung.“ Sieben Engel liegen derzeit im Landesamt für Denkmalpflege in Wünsdorf.

Zwischen 1500 und 10 000 Euro kann eine Restaurierung kosten, kalkuliert Werner Ziems, der im Landesamt für Kunstwerke aus Holz zuständig ist. Hauptaufgabe ist für den Denkmalpfleger keineswegs, den bunten Originalzustand wiederherzustellen. „Am wichtigsten ist die Sicherung.“

Vor zwei Jahren haben das Landesamt für Denkmalpflege, Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und Förderkreis Alte Kirchen die Spendenkampagne „Menschen helfen Engeln“ gestartet, um die Kunstwerke zu retten. Rund 37 000 Euro sind bislang zusammengekommen. Und einigen Engeln geht es dank menschlicher Hilfe bereits besser. So wie dem Taufengel von Wismar bei Strasburg in der Uckermark: „Total wurmstichig“ sei die Figur gewesen, sagt Janowski. „Man konnte das Holz zwischen den Fingern zerbröseln.“ Seit 2010 hängt er wieder in der Kirche. Der Engel mit den blauen Flecken aus Groß Fredenwalde hat es schon vor Start der Spendenkampagne geschafft und kann nun seit drei Jahren wieder seine Aufgabe erfüllen. Einen neuen Arm hat er bekommen und eine neue Taufschale. (Von Yvonne Jennerjahn, epd)